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Das staatliche Strafen Teil II3. Die Notwendigkeit des bürgerlichen Rechts Begrenzung der Interessendurchsetzung von Eigentümern ... Im Zivilrecht regelt er das Verhältnis der Bürger untereinander. U.a. wird darin geregelt, welche Ansprüche die Bürger als Vertragspartner gegeneinander haben können und wie sie diese Ansprüchen rechtmäßig durchsetzen dürfen. Unter der Bedingung, dass ihre Ansprüche sich vor Gericht als rechtmäßig erweisen, können sie diese gegen die andere Partei gegebenenfalls mit Hilfe der Staatsgewalt durchsetzen (sei es durch Zwangsräumung, Pfändung oder Zwangsversteigerung) Mit dem Strafrecht legt der Staat u.a. fest, welche Verstöße gegen seine Rechtsordnung er als so schwerwiegend ansieht, dass er sie mit Sanktionen in Form von Strafen ahnden will und er legt fest, wie schwer diese ausfallen. Zwar erwartet der Staat unbedingte Unterwerfung aller Bürger unter das Recht. Er geht aber davon aus, dass die freiwillige Unterordnung der Mehrheit der Bürger immer auch Resultat von Berechnung ist, wie gut ihnen ihre Rechtstreue bekommt. Er setzt darauf, dass diese Berechnung in aller Regel für die Einhaltung der Gesetze ausfällt. Allerdings geht er auch davon aus, dass die Berechnung der Bürger wie gut ihnen unbedingte Rechtstreue bekommt bei einer mehr oder großen einer Minderheit zuungunsten dieser Rechtstreue ausfällt. … damit deren Interessengegensätze produktiv werden für das nationale Wirtschaftswachstum Wenn Strafrecht gerechtfertigt werden soll, dann ist in der Regel von dessen gesellschaftlicher Leistung die Rede. Sie begrenze Kriminalität. Die Existenz oder ein wahrgenommener Anstieg von Kriminalität lösen bei vielen Menschen Ängste aus. Den Bürgern erscheinen Strafen als Maßnahmen des Staates für ein „menschliches“ Zusammenleben schlechthin. Die meisten Menschen wissen in der Regel schon aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen mit der Knappheit ihrer finanziellen Mittel, dass sie selber im Kaufhaus mehr oder weniger häufig nicht bezahlen würden, wenn es keine Polizei und keine Strafen für Diebstähle gäbe. Sie können sich denken, dass für die Benutzung von Bussen und Bahnen viele Menschen keine Tickets kaufen würden, gäbe es keine Kontrollen und keine Bußgelder. Bei solchen Gedankengängen gehen die, die sie anstellen, von den Verhältnissen in einer bürgerlichen Gesellschaft aus und überlegen sich dann, wie denn wohl „die Welt“ aussähe, wenn es kein staatliches Gewaltmonopol und keine staatlichen Bußgelder und Strafen gäbe. Übrig bleiben in ihrer Vorstellung Verhältnisse, in denen Rechte niemand mehr ernst nimmt und in denen daher Chaos und Not herrschen.(6) Kaufhäuser müssten dicht machen und Verkehrsbetriebe ihren Betrieb einstellen, weil sich Geschäfte nicht rentieren würden. Angesichts einer solchen Alternative erscheinen den Menschen das staatliche Gewaltmonopol und Sanktionen für menschliches Zusammenleben schlechthin als unverzichtbar. Wenn durch solche Gedankenexperimente aber überhaupt etwas „bewiesen“ wird, dann der Umstand, dass ein halbwegs friedliches Zusammenleben in einer Welt mit Eigentum, Konkurrenz und dem dazugehörigen Mangel ohne Gewalt nicht geht. Der zentrale Fehler bei dieser Art von „Begründung“ staatlichen Strafens mit der Bedrohung von Rechten durch Rechtsverletzer besteht darin, sich die überhaupt erst durch den Staat eingerichteten Verhältnisse einfach ohne den Staat zu denken. Die Konkurrenz aller gegen alle und der daran hängende materiellen Mangel werden dann als vorstaatliche gedacht. 4. Das Strafrecht: Nicht die Verwirklichung eines Ideals von Gerechtigkeit, ... Verschiedene Formen von Kriminalität haben nur eins gemeinsam: Sie sind staatlicherseits verboten und mit Strafandrohung belegt. Das erscheint zunächst vielleicht banal. Klar: Ohne Eigentum keine Diebstahl. Aber der Zusammenhang zwischen „Kriminalität“ und Recht ist noch enger: Die staatliche Festsetzung, was als Rechtsgut und was als Rechtsgutsverletzung gilt, sorgt nämlich ganz entscheidend dafür, dass es die Formen von Interessenverletzungen gibt, die ein Strafrecht nötig machen. ...sondern Ausdruck der Herrschaftsinteressen eines bürgerlichen Staates... Friedliche Fabrikbesetzungen im Rahmen „wilder“ Streiks zur Durchsetzungen von Lohnerhöhungen etwa fallen in der BRD unter den Tatbestand der Nötigung, während der Einsatz von Polizeigewalt gegen solche Besetzungen oder Aussperrungen erlaubt ist. Die Tätigkeiten von Schleppern oder Schleusern gilt in bürgerlichen Staaten nicht als Beruf wie jeder andere, sondern als Verbrechen. Während das StGB die vorsätzliche Tötung eines Menschen unter Strafe stellt, stellt die vorsätzliche Tötung anderer Menschen durch deutsche Soldaten keine Straftat dar, wenn sie mit ihrem Auftrag vereinbar ist. An den Kriterien dafür, was unter Strafe steht, wird auch deutlich: Schädigungen von Menschen stehen nur dann unter Strafe, wenn sie von einem Staat als Gefahr für sich, für die bürgerliche Ordnung oder für das „friedliche“ Zusammenleben der Konkurrenzsubjekte in ihr eingeschätzt werden. (7) ...woran Strafrechtsreformen auch nichts ändern Ändern sich die Einschätzungen über die Folgen, die von sanktionierten Handlungen für ein schützenswert erachtetes Rechtsgut (z.B. Ehe und Familie) und für das Zusammenleben in einer bürgerlichen Gesellschaft ausgehen, dann kann dies auch zu Veränderungen im Strafrecht führen. Das kann für Einzelne – etwa im Bereich des Sexualstrafrechts - eine Verbesserung ihrer Lebenssituation bedeuten, ändert aber nichts grundsätzliches an den Beurteilungsmaßstäben. „Bis etwa zum 2. Weltkrieg betrachtete der bürgerliche Staat Sexualität als Gefahr für die Gesellschaft. Er forderte Unterordnung, Verzicht, Bescheidenheit und Unterwerfung; auch in Sachen Sexualität. Da passte eine Sexualität, die nur auf Lust aus war, nicht recht ins moralische System. Entsprechend ging der Staat dagegen vor und eröffnete nur eine alternativlose Weise, die Sexualität sozial anerkannt und staatsdienlich auszuüben: die Ehe.“(8) "Abweichende“ Formen der Sexualität wurden kriminalisiert und sanktioniert. So galt etwa in Deutschland bis 1969 die Homosexualität als Straftatbestand (§ 175 StGB). Ebenfalls bis 1969 existierte der sogenannte Kuppeleiparagraph (§ 180 StGB). Der stellte es unter Strafe, einem Mann und einer Frau ohne Trauschein eine Gelegenheit zur „Unzucht“ zu verschaffen.(9) In dem Maße, in dem sich bei den Regierungsparteien und in der Öffentlichkeit die Einschätzung durchsetzte, dass „abweichende Formen“ der Sexualität die Ehe und ihre Aufgaben – nämlich den Zwang zur wechselseitigen Versorgung und Verpflichtung zur Erziehung des Nachwuchses – nicht gefährden, sondern eher stabilisieren, hat der Staat Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre eine ganze Reihe von Gesetzen abgeschafft, mit denen er früher seinen Bürgern das Leben schwerer gemacht hat.
(6) Anlass zur Bestätigung und zum Ausmalen dieser Auffassung bieten regelmäßig Medienberichte über Plünderungen und Gewalt in Gegenden dieser Welt, in denen es kein staatliches Gewaltmonopol gibt oder dies vorübergehend außer Kraft gesetzt ist. Letzteres war z.B. 2005 in der überschwemmten und von Seiten des Staates vorübergehend nicht mehr kontrollierten Stadt New Orleans der Fall.
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